Chronik Fernmeldeamt Wiesbaden
M E M E N T O
Erinnerung an das Fernmeldeamt Wiesbaden
Fernmeldeoberamtsrat a.D.,
Beamter für Öffentlichkeitsarbeit des Fernmeldeamtes in Wiesbaden
Vom Fernmeldewesen in Wiesbaden
Als der elektrische Telegraf auf den ersten Verbindungswegen nach Überwindung der anfänglichen Mängel seine Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hatte, plante man bald weitere Linien, die in den fünfziger und sechziger Jahren des vorvergangenen Jahrhunderts entstanden.
Im damaligen Herzogtum Nassau, das seinen Regierungssitz in Wiesbaden hatte, besaß die Preußische Königliche Telegrafendirektion gewisse Befugnisse zum Bau von Telegrafenlinien, die offenbar immer von Fall zu Fall im einzelnen vereinbart wurden. Als erste große Land-Telegrafenlinie in Nassau entstand im Jahre 1857 die Verbindung Frankfurt-Wiesbaden-Langenschwalbach-Nassau-Ems, über die (dann als Königsleitung 139 bezeichnet) im Jahre 1870 die Emser Depesche Bismarcks telegrafiert wurde. Der zwischen Wiesbaden und Frankfurt verlaufende Teil dieser Linie wurde seinerzeit als Ländchenleitung bezeichnet und war im Jahre 1862 bereits auf fünf Leitungen angewachsen. Zu den frühen Telegrafenlinien, die von Wiesbaden aus gingen, zählen noch die nach Schlangenbad (1863) und Montabaur (1870).
Erste öffentliche Telegrafenstation in Wiesbaden
o 1860/61 Königlich Preußische Telegrafenstation, Rheinstraße 8
o 1868/69 Telegrafenstation der Königlichen Staatsbahn, Rheinstraße 6
o 1869/70 Telegrafenstation des Norddeutschen Bundes, Marktstraße 18
o 1871/72 Telegrafenstation des Deutschen Reiches, Marktstraße 18
o 1877/78 Telegrafenstation der Staatsbahn, Rheinbahnstraße 6
o und Telegrafenamt des Deutschen Reiches, Rheinstraße 9 (später 19)
In der Rheinstraße 9 befand sich das Palais des Grafen Walderdorff, nassauischer Staatsminister von 1835 bis 1842, das im Jahre 1876 die Post aufkaufte und für Dienstzwecke umbaute und das damals eine Zierde für die Rheinstraße darstellte. In dieses Gebäude zogen das Wiesbadener Postamt und das 1876 gegründete Telegrafenamt ein. Im Jahre 1900 wurde das Postpalais abgerissen, weil es einem Neubau weichen mußte, der in den Jahren 1904 bis 1905 errichtet und in der Zeit bis 1907 zur Luisenstraße erweitert wurde. In dieser Form besteht das Gebäude im wesentlichen noch heut
Statistische Erhebung
Frankfurt am Main | 44 |
Hattersheim | 17 |
Hochheim | 16 |
Biebrich | 13 |
Flörsheim | 10 |
Höchst | 4 |
Castel | 3 |
Curve | 1 |
Von den Anfangszeiten des Wiesbadener Telegrafenamtes bis zum Ende des Ersten Weltkrieges
Die Stadt-Fernsprecheinrichtung in Wiesbaden
Ohne einschneidende Veränderungen in der Technik war der ständig zunehmende Fernsprechverkehr nicht mehr zu bewältigen. Aus diesem Grund kam 1905 eine ganz entscheidende Neuerung, die mit dem Neubau des Postdienstgebäudes (der heutigen alten Hauptpost) auf dem ehemaligen Walderdorff´schen Grundstück einherging. Um für mehrere Jahre den nötigen Raum für den Fernsprechbetrieb zu schaffen, wurde im Mittelbau zwischen Rhein- und Luisenstraße ein 480 qm großer, mit Oberlicht ausgestatteter Saal geschaffen, in dem die Vielfachschränke nach dem Zentralbatteriesystem Aufstellung fanden. Damit wurden die früher bei den Sprechstellen untergebrachten Stromquellen für den Anruf und das Sprechen beim Amt vereinigt, zentralisiert. Als Anrufsignal diente bei den neuen Vielfachschränken kleine Glühlampen statt der früheren Klappen.
Mit der Einführung des Zentralbatteriesystems und der Vielfachschränke war auch eine völlige Umgestaltung des Leitungsnetzes verbunden. Nun mußten alle bisher eindrahtig angeschlossenen Fernsprechapparate mit zwei Adern versorgt werden. Das war natürlich auf längere Sicht mit oberirdisch gespannten Leitungen in Wiesbaden nicht mehr möglich. Zudem gab es bereits vorher Hindernisse und Schwierigkeiten, besonders auf den Dächern der Häuser, an denen Stützpunkte für oberirdische Leitungen angebracht waren und die bis zur Grenze ihrer Belastbarkeit in Anspruch genommen wurden. Das Telegrafenamt legte deshalb bereits im Jahre 1900 ein erstes Fernsprechkabel mit 448 papierisolierten Kupferadern zur Wilhelmsheilanstalt aus. Nach und nach verschwanden in den folgenden Jahren die Freileitungen und damit das unschöne Gewirre von Stangen und Drähten auf den Dächern Wiesbadens.
Die Telegrafen- und Fernsprechlinien errichtete und unterhielt der Bau, ein Wort, mit dem auch heute noch der Fernmeldebaudienst kurz bezeichnet wird.
Im Gründungsjahr 1876 des Wiesbadener Telegrafenamtes gab es bei der Frankfurter Ober-Postdirektion zwei Telegrafenlinien- und Instandhaltungsbezirke, von denen der Frankfurter Bezirk mit dem Leitungsrevisor Sturm für den Wiesbadener Bereich mit zuständig war. Mit der später zunehmenden Verdichtung des Telegrafen- und Fernsprechnetzes fielen soviel Arbeiten an, daß die Organisation mehrere Male geändert wurde. Bis zum Jahre 1905 erhöhte sich die Zahl der Leitungsrevisionsbezirke auf fünf, von denen einer seit 1887 in Wiesbaden unter den Leitungsrevisor Steinhäuser und später Engelmann stand. Der Leitungsrevisor unterstand direkt der Oberpostdirektion. Er hatte in seinem Bezirk für die Ausführung aller Fernmeldebauarbeiten zu sorgen, die Linienführung und Wegebenutzung zu ermitteln, den Bedarf an Baumaterial und Apparaten festzustellen sowie die Arbeitskräfte einzustellen. Gearbeitet wurde zunächst vom Frühling bis zum Herbst, dann entließ der Leitungsrevisor das Personal. Erst später, als der Baudienst verschiedentlich umorganisiert wurde, beschäftigte man die Arbeiter das ganze Jahr hindurch. Ab 1905 erhielt das Telegrafenamt eine eigene Fernsprech-Bauabteilung und aus dem Leitungsrevisor wurde ein Telegrafen-Bauführer.
1914 begann der Erste Weltkrieg. Viele Beamte des Telegrafenamtes wurden Soldaten, einige mußten ihr Leben lassen und andere kamen mit Verwundungen zurück. Aus dem Kaiserlichen Telegrafenamt wurde nach dem Krieg schlicht ein Telegrafenamt. Eine Epoche ging zu Ende.
Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg
Zusätzlichen Ärger bekam Steinhäuser mit den Anschlüssen der damaligen Regierung von Adam Dorten, der mit Unterstützung der Franzosen im Jahre 1919 versuchte, eine Rheinische Republik zu proklamieren und der 1923 einen letzten Versuch unternahm, doch noch zum Ziel zu kommen. Wegen der starken französischen Schutzhand mußte Postdirektor Steinhäuser die von der Dorten-Regierung benutzten Fernsprechanschlüsse genau so bedienen, wie alle anderen, obwohl vielfach hierfür keine Gebühren bezahlt und Sperren oder Abschaltungen von den Franzosen nicht geduldet wurden. Am 3. Juni 1924 übergab Steinhäuser nach einem konfliktreichen Jahr das Telegrafenamt an Oberpostdirektor Hermann Gieß, der später in das Reichspostministerium berufen und dort zum Staatsekretär ernannt wurde. Weitere Leiter des Telegrafenamtes bis zum Zweiten Weltkrieg waren Postrat Walther (1926), Oberpostrat Eckert (1931), Postrat Gerber (1939), Postrat Dipl.-Ing. Matschke (1940) und Postamtmann Sinz als kommissarischer Leiter während des Zweiten Weltkrieges.
In die Wirren nach dem Ersten Weltkrieg fiel die Gründung eines neuen Amtes des Fernmeldewesens, des Telegrafenbauamtes Wiesbaden.
Das Telegrafenbauamt
Die Entwicklung des Fernmeldewesens nach dem Ersten Weltkrieg
Schnellverkehr Wiesbaden-Frankfurt
Wiesbaden erprobt den Fernsprech-Kundendienst (KD)
Ein Teilnehmer kann die KD-Stelle beauftragen, bestimmten Fernsprechteilnehmern eine Nachricht durch Fernsprecher auch nach anderen Ortsnetzen zu übermitteln oder die Rufnummern, Namen und Mitteilungen etwaiger Anrufer aufzuzeichnen und sie durch Fernsprecher, Telegramm oder Brief zu übermitteln. Der Kundendienst nahm unter gewissen Einschränkungen auch Aufträge von öffentlichen Fernsprechern aus entgegen.Erstaunlich gering waren die Aufwendungen in Höhe von 219,98 Mark, die damals zur versuchsweisen Einführung des Fernsprech-Kundendienstes in Wiesbaden notwendig waren.
Die Zeit während des Zweiten Weltkriegs
Als im März 1945 der Ortsverkehr in Wiesbaden durch die Beschädigung fast aller Hauptkabel und durch einen Wassereinbruch im Hauptverteilerraum bis auf wenige Anschlüsse zum Erliegen kam, der Fern- und Schnellverkehr durch die Zerstörung der Fernkabel ebenfalls unmöglich war und das Personal wegen des dauernden Beschusses der Stadt nicht mehr zum Dienst kommen konnte, wurde das Fernsprechamt am 24. März 1945 geschlossen und nach Bad Soden-Allendorf verlagert. Zuvor hatte schon das Telegrafenbauamt seinen Ausweichort Großalmerode erreicht.
Der kommissarische Leiter des Fernsprechamtes, Postamtmann Sinz, gelangte unter vielen Schwierigkeiten mit einigen Amtsangehörigen an das Ziel, wo er sich sofort mit dem ausgelagerten Telegrafenbauamt und dem sich ebenfalls in der Nähe befindlichen Postamt Wiesbaden in Verbindung setzte. Man half sich gegenseitig und mußte sich dann gemeinsam wegen der zügig voranmarschierenden Truppen der Alliierten auf eine abenteuerliche Flucht begeben. Ständig nach einem geeigneten Ausweichort zur Fortführung der Dienstgeschäfte Ausschau haltend, führte die Fahrt über Naumburg/Saale, Hof, Wunsiedel, Weiden in der Oberpfalz, Regensburg, Mosham und Landshut nach Wasserburg. Als bei einem Tieffliegerangriff die Kraftomnibusse und damit die gesamte persönliche und dienstliche Habe verloren gingen, trennten sich die Kollegen, um einzeln oder in Gruppen Wiesbaden wieder zu erreichen. Als die Ersten im Juli 1945 in ihre Heimatstadt ankamen, hatten die Amerikaner die Stadt schon lange vorher am 28. März besetzt und eine Militärregierung eingerichtet.
Der neue Anfang
In Wiesbaden bestand für das Stadtgebiet ein Fernsprechamt, das später im Jahre 1952 in Fernmeldeamt umbenannt wurde. Es wurde in den Jahren 1945 bis 1947 von Obertelegrafen-Inspektor Schäffer, der 1947 nach Frankfurt (M) versetzt wurde, und 1947 bis 1954 von Postrat Hartmann, der kurz vor seiner Pensionierung verstarb, geleitet. Den linientechnischen Bereich hingegen betreute das Telegrafenbauamt, das die Fernmeldedienststellen Gießen, Wetzlar, Dillenburg und Marburg umfaßte. Eine genaue Trennung von technischen Aufgaben bezüglich der Betreuung der Selbstanschlußämter und Kabelanlagen gab es nicht. So waren Selbstanschlußämter, die nicht gleichzeitig an ihrem Standort ein handvermitteltes Fernamt hatten, in der technischen Betreuung dem Telegrafenamt unterstellt, das ebenfalls 1952 in Fernmeldebauamt unbenannt wurde.
Nachdem absehbar war, daß die großen Aufgaben und Anforderungen an das Fernmeldeamt mit Vereinigten Ämtern besser bewältigt werden konnten, stand auch in Wiesbaden die Bildung eines Vereinigten Fernmeldeamtes der Grundform an. Die damaligen Vorstellungen führten jedoch im Falle Wiesbadens zunächst zu unruhigen Zeiten für das Personal. Mit der Bildung eines Fernmeldeamtes in Gießen sollte dessen Amtsbereich gebietsmäßig an den Bereich der künftig zu schaffenden Hauptvermittlungsstelle angepaßt werden, was fast die volle Verlegung des Fernmeldeamtes Wiesbaden nach Gießen mit allen personellen Folgen bedeutet hätte. Aber auch über dem Fernmeldeamt zogen dunkle Wolken auf, da es nach damaliger Vorstellung angeblich möglich gewesen wäre, Wiesbaden verwaltungsmäßig von Darmstadt aus zu betreuen, so daß in Wiesbaden lediglich eine Fernmeldedienststelle verblieben wäre. Alle Beteiligten, das Personal, die Betriebsräte und nicht zuletzt die für die Verwaltung zuständigen Beamten sahen sich einer äußerst schwierigen Situation gegenüber, wobei noch zu bedenken ist, daß damals keine genaue Vorstellung über das künftige Wachstum des Fernmeldewesens vorhanden war. In dieser Stunde hatte das Fernmeldewesen im damaligen Leiter des Fernmeldebauamtes, Postrat Dipl.-Ing. Kurt Weitzel, der später als ehemaliger Abteilungsleiter und Vizepräsident der Oberpostdirektion Frankfurt in Wiesbaden seinen Ruhestand verlebte, den richtigen Mann zur richtigen Zeit. Seiner Tatkraft, seiner Umsicht und seiner Fähigkeit zu verhandeln und zu überzeugen, verdankt das Fernmeldeamt Wiesbaden, welches aus dem Fernmeldebauamt und dem alten Fernmeldeamt hervorging, am 1. Mai 1955 seinen Neubeginn. Nur wenige Bedienstete des aufzulösenden Fernmeldebauamtes in Wiesbaden mußten ihren Dienst- und Wohnsitz nach Gießen verlegen. Andere konnten nach einer Übergangszeit von Gießen nach Wiesbaden zurückkehren. Die vom Personal zu tragenden Lasten, die in der Nachkriegszeit sehr schwer wogen, konnten dadurch auf ein erträgliches Maß gemindert werden.
Der Weg in die Vollautomatisierung
Die Durchgriffsmöglichkeit der Besatzungsmacht wirkte sich nachteilig für das Fernmeldewesen in Wiesbaden aus. In der Vermittlungsstelle 2 wurden zusätzlich 2000 Anschlußmöglichkeiten herausgetrennt und für die Besatzungsmacht als B-Classe-Teilnehmer erklärt. Die verbleibenden 8000 Anschlüsse mußten zunächst für Wiesbaden genügen, zumal auch die Vermittlungsstelle Wiesbaden-Biebrich zum Ende des Krieges durch Bomben zerstört worden war. Durch die Sprengung der Rheinbrücke Mainz-Kastel war die Fernmeldeversorgung der Vororte Kostheim, Kastel und Amöneburg gestört. Eine erste Anordnung am 15. September 1945 führte zur Inbetriebnahme einer Leitung im Dezember 1945 zwischen Kastel und Wiesbaden. Sie endete auf einem Zehner-Glühlampenschrank. Ein solcher Glühlampenschrank wurde auch in Wiesbaden-Biebrich eingerichtet, bis die alte Vermittlungsstelle im Jahre 1947 wieder instandgesetzt war. Bereits im Jahre 1952 gelang es, eine neue zusätzliche Vermittlungsstelle mit 1800 Anschlußmöglichkeiten in der Rheinstraße 23/25 als Vermittlungsstelle 9 einzurichten. Sie bestand aus dem System 50 und wurde bereits im Herbst 1955 wieder abgebaut, da die Ziffer 9 für den immer stärker werdenden Städteverkehr, auch Massenverkehr genannt, dringend benötigt wurde. Die technischen Einrichtungen wurden in der späteren Vermittlungsstelle Wiesbaden 7 am Hainerberg erneut eingesetzt. Außerdem wurde der Raum der Vermittlungsstelle 9 für Einrichtungen des Selbstwählferndienstes dringend benötigt.
Die hier angesprochenen Vorgänge hängen unmittelbar mit der Entwicklung des Fernamtes zusammen. Mehr Anschlußmöglichkeiten bedeuteten mehr Verkehr, wobei die Anschlußmöglichkeiten im Verhältnis zu den 1970er Jahren klein waren. Die einzelnen Anschlußeinheiten wurden sehr intensiv genutzt, so daß der Verkehrszuwachs pro eingerichtetem Anschluß wesentlich größer als vergangener Tage war. Mehr Verkehr bedeutete mehr Personal oder mehr Technik, die (was den Selbstwählferndienst betraf) noch in der Entwicklung war, und vor allem mehr Leitungen und dafür mehr Investitionen in der Linientechnik. Die Kabelanlagen, Kabelkanäle, Netzausläufer und die Fernkabel mußten alle koordiniert ausgebaut, aber auch finanziert werden. Sie verschlangen 66 % der Gesamtinvestitionen pro Anschluß. Es genügte also nicht, das eine zu tun und das andere zu lassen.
Die Wartezeiten waren groß. Um zum Beispiel ein Gespräch von Wiesbaden nach Hamburg oder Düsseldorf zu erhalten, mußte ein Teilnehmer je nach Tageszeit mit Stunden rechnen. Erst mit dem Ausbau des Fernleitungsnetzes und der Verstärkerstellen gelang es, den Weitverkehr besser abzuwickeln.
Das Fernamt mußte durch den Städteverkehr schon vorher entlastet werden. Der Verkehr von Wiesbaden nach Frankfurt floß eine zeitlang nur über 68 Leitungen, obwohl für einen reibungslosen Selbstwählfernverkehr 112 Leitungen nötig gewesen wären. Dies ist ein Beispiel, das festhalten soll, wie es damals war. In den Fernämtern wurde hart gearbeitet. Das Letzte wurde versucht, um den Sofortverkehr (direkte Bedienung bei Anruf) in Gang zu setzen. Mit Drängezeichen und Anzeigeinstrumenten versuchte man, das Fräulein vom Amt noch näher an den Teilnehmer, der am längsten wartete, heranzuführen. Die Verkehrsbeobachtung wurde als Kontrolle der Arbeitsweise der Fernamtsbeamtinnen (intensiv) gehandhabt.
Der technische Weg ab 1950 in die 70er Jahre
Später wurde die Knotenvermittlungsstelle in der neu entwickelten Technik 52 mit Umsteuer-Wähler I und II bei einer gleichzeitigen Aufhebung der Netzgruppentechnik unter Umstellung der Kennzahlen auf die heute gültigen Ortsnetzkennzahlen (Ortsnetz Wiesbaden nach Ortsnetz Frankfurt z.B. von 03 auf 06121, ab 06.09.1990 auf 0611) aufgebaut. Gleichzeitig wurden neue Fernverbindungen über Trägerfrequenzeinrichtungen zu zahlreichen Städten im Bundesgebiet vorbereitet.
Der übernommene Städteverkehr der alten Netzgruppentechnik nahm aber solche Ausmaße an, daß die neu aufgebauten technischen Einrichtungen bald voll ausgelastet waren. Aus diesem Grunde wurde eine Bezirksknotenvermittlungsstelle mit der Kennziffer 9 zur Entlastung der Knotenvermittlungsstelle (Technik 52) aufgebaut, um den Massenverkehr von dem Ortsnetz Wiesbaden nach den Ortsnetzen Frankfurt (M), Mainz und Kastel aus dem Verkehrsweg über die Ziffer 0 herauszunehmen. Die Bezirksknotenvermittlungsstelle wurde anschließend noch für die Verkehrsbeziehungen nach den Ortsnetzen Rüdesheim und Oestrich erweitert. Das Ziel aller Anstrengungen war in der Folgezeit, den Knotenvermittlungsstellenbereich Wiesbaden in seiner heutigen Ausdehnung voll in den Selbstwählferndienst zu überführen, das Fernamt weiter zu entlasten und dann das Schnellamt aufzuheben. Dies geschah zunächst durch den Aufbau einer Gruppe in der 4-Draht-Technik mit Richtungswähler 54. Die Knotenvermittlungsstelle Wiesbaden begann nun in die Räume des Fernamtes/Schnellamtes mit dem Aufbau des Fernwahlsystems Technik 62 hineinzuwachsen. Damit sah auch das Fernamt die Stunde der vollen Still-Legung auf sich zukommen.
Beim Übergang zur Automatisierung wurden stets Arbeitskräfte freigesetzt. Es bleibt aber festzuhalten, daß keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter das Fernmeldeamt verlassen mußte. Die technische und personalwirtschaftliche Planung verlief stets zu Gunsten des betroffenen Personals.
Mit der Aufhebung des Fernamtes Wiesbaden am 18. Januar 1965 verschwand das liebenswerte Fräulein vom Amt, das in den hektischen 50er Jahren mit großem Einsatz unter stets steigenden Anforderungen und technischen Mangelzuständen vermittelnd seinen Dienst versah. Aber noch war das Fräulein vom Amt nicht wegzudenken, denn es wurde von nun an im Fernsprech-Auskunftsdienst benötigt und zwar in einem Umfang, der vorher nicht absehbar war. Hatte man vorher zwei Damen für die Auskunft benötigt, so waren es nach der Vollautomatisierung bald zwanzig und mehr im Tagesdienst. Zwei Gründe gab es dafür. Der Kunde benötigte Informationen, weil die Automatisierung ihn vor Probleme stellte und weil die rasche Zunahme von Fernsprechanschlüssen viele Anschlußbereichsteilungen mit Rufnummeränderungen erforderlich machte.
Seit der Einführung des Fernwahlsystems T 62 in Wiesbaden in den Jahren 1961/62 konnte die Knotenvermittlungsstelle stets gleichlaufend mit den Verstärkerstellen und den notwendigen linientechnischen Bauvorhaben ausgebaut werden. Verkehrsengpässe waren nicht mehr zu verzeichnen. In der Rheinstraße 23/25 mußten ehemalige Speicherräume, Flure und auch Sanitärräume zweckentfremdet werden, um die erforderlichen technischen Einrichtungen aufbauen zu können. In dieser Not gelang es, einen modernen Zweckbau in günstiger Lage zum Kabelnetz „Unter den Eichen“ zu errichten, nachdem mit Hilfe des Magistrats der Stadt Wiesbaden der Erwerb des notwendigen Grundstücks ermöglicht wurde.
Vom Planungsbeginn im Jahre 1958 dauerte es bis zum Jahre 1969, um den Hochbau und alle zugehörigen Baumaßnahmen im Liniennetz zu verwirklichen. In den Folgejahren verlegte man die Knotenvermittlungsstelle Wiesbaden in das neue vollklimatisierte und allen Anforderungen moderner und künftiger Technik entsprechende Betriebsgebäude, das mit einem neuen Anbau für die 80er Jahre erweitert wurde; Richtfest war 1978. All die vielen Umschaltungen verliefen unter vollem Betrieb vom Kunden unbemerkt und stellten eine hervorragende Leistung unserer Mitarbeiter in Betrieb, Planung, Organisation und Bauausführung in der Vermittlungs- und Linientechnik dar.
Wenn es so schwierig war, wie zuvor geschildert wurde, den rasch steigenden Fernverkehr bei gleichzeitiger Entwicklung neuer Techniken zu automatisieren und dabei Personalvermehrungen in Grenzen zu halten, so muß auch die Entwicklung im Bereich der Ortsvermittlungsstellen rasant verlaufen sein. Zahlen für Wiesbaden sollen das kurz belegen. Der Verlauf im übrigen Amtsbereich war ähnlich, teilweise sogar noch progressiver. Hier ist an den Raum Rüsselsheim zu denken und an den Aufschwung des Wiesbadener Umlandes. Das Fernmeldewesen konnte diesen Entwicklungen immer Rechnung tragen.
Für die Zahlen des gesamten Fernmeldeamtsbereichs wurde der Bezug 1950 weggelassen, da das Fernmeldeamt erst mit 1960 eine Vergleichsgrundlage hat. Wie bereits dargestellt, ist das Fernmeldeamt erst in den 50er Jahren in seinen heutigen Grenzen entstanden; einmal durch die Zusammenlegung des Fernsprech- und Fernmeldebauamtes Wiesbaden und später mit der Übernahme der Ortsnetze Rüsselsheim, Flörsheim, Trebur, Bischofsheim und Hochheim.
Jahr | 1950 | 1960 | 1970 | 1976 |
Hauptanschlüsse | 9 824 | 25 196 | 61 124 | 80 940 |
Vermittlungsstellen | 2 | 4 | 11 | 12 |
Jahr | 1950 | 1960 | 1970 | 1976 |
Hauptanschlüsse | – – – | 34 164 | 98 427 | 161 000 |
Vermittlungsstellen | – – – | 23 | 35 | 45 |
Das gleiche Zahlenspiel ließe sich anhand des Fernsprechverkehrs darstellen. Hier gehen einerseits die Zahl der Hauptanschlüsse als Verkehrsquelle und andererseits die Benutzungshäufigkeit der einzelnen Anschlüsse ein. Industrie, Handel, Gewerbe und Verwaltungen bringen auf Durchwahlleitungen aus ihren Nebenstellenanlagen einen großen Teil des Fernsprechverkehrs während der Tageszeit. Es bedurfte in den 50er Jahren vergleichsweise nur geringer Investitionen, um die Verkehrsquellen für diese Verkehrsträger zu erschließen. Die Versorgung der privaten Haushalte in ihrer ganzen Breite bedarf daher heute vergleichsweise großer Investitionen bezogen auf den zu erwartenden Gewinn.
Die 60er Jahre waren von dem Ausbau der Ortsnetze in der Linien- und Vermittlungstechnik geprägt. Die umfangreichen Rufnummernänderungen werden den Teilnehmern noch lange in Erinnerung geblieben sein. Ermöglicht wurde der Ausbau der Ortsnetze durch intensive Planung in der Linien- und Vermittlungstechnik, aber auch durch überlegte personalwirtschaftliche Maßnahmen und nicht zuletzt durch die verantwortungsvolle Mitarbeit aller in den Verwaltungsbereichen Tätigen.
Voraussetzung hierfür war auch die Entwicklung von typisierten und genormten Gebäuden für die Ortsvermittlungsstellen, die in Fertigbauweise vor Ort montiert wurden. Nur auf dieser Grundlage konnte, wenn die oft sehr, sehr schwierige Grundstücksbeschaffung durchgeführt war, die Nachfrage nach Fernsprechanschlüssen möglichst ohne Wartezeit befriedigt werden. Ausnahmen bildeten Vermittlungsstellen in historischen Stadtlagen, wie z. B. die Ortsvermittlungsstelle 52 (1977) in der Wiesbadener Taunusstraße und die in der Eltviller Altstadt gelegene Vermittlungsstelle (1982). Hier hat der Denkmalschützer mit geplant und die Außenfassade den benachbarten Gebäuden anpassen lassen.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß das Fernmeldeamt Wiesbaden neben einem gute ausgebauten Bezirkskabelnetz mit weitgehender Zweiwegeführung inzwischen auch in das Fernverbindungskabelnetz direkt integriert wurde und darüber hinaus über Richtfunk einen Zweitweg in alle wichtigen Richtungen besitzt.
Im Jahre 1975 erhielt das Fernmeldeamt Wiesbaden nach langjährigen Anstrengungen und nach eingehenden technischen und wirtschaftlichen Untersuchungen vom Bundespostministerium grünes Licht für den Aufbau einer Knotenvermittlungsstelle in Rüsselsheim, obwohl die Landesregierung von Rheinland Pfalz über Jahre versucht hat, diese nach Mainz zu holen. Die Knotenvermittlungsstelle geht 1981 in Betrieb und versorgt die Ortsnetze Rüsselsheim, Flörsheim, Bischofsheim, Hochheim und Trebur. Der Fernmeldeschwerpunkt Rüsselsheim erhält die bis dahin in Mainz geschaltete Kennzahl 614.
Erwähnt sei am Rande, daß auch in Rüsselsheim sehr früh das Telegrafenwesen Einzug hielt. Im Jahre 1978 konnte mit einer Festveranstaltung und Ausstellung „100 Jahre Telegrafie in Rüsselsheim“ dieses Ereignis gewürdigt werden. Hierzu Auszüge aus einer Pressemitteilung:
„Vor hundert Jahren, im März 1878, wurde in Rüsselsheim die am 15. Februar 1878 eingerichtete Postexpedition in ein Postamt III. Klasse umgewandelt und die erste Telegrafenstation eingerichtet. Es war das Jahr in dem der Postexpeditor und Postverwalter Neeb, der von 1863 bis 1878 Amtsvorsteher des Postamtes war, vom Postverwalter Heinrichs, der das Amt bis 1914 leitete, abgelöst wurde, und das Personal aus einem Landbriefträger und einem Privatbediensteten bestand.
Zu einer der ersten Telegrafenlinien gehörte die Verbindung von Frankfurt am Main nach Mainz, die der Stadt Rüsselsheim am 15. März 1878 den ersten Telegrafen brachte. Das deutsche Kabelnetz bestand wenige Jahre später (1891) bereits aus 5961 km Linie mit 40329 km Leitung und 1928 waren es bereits 8500 km Kabel mit 1600000 km Leitung.
Als Entgeld für ihre Leistungen erhob die Telegrafenverwaltung 1876 eine Grundgebühr von 20 Pf und für jedes Wort 5 Pf. Ab 1. Juli 1876 fiel die Grundgebühr weg und die Wortgebühr wurde bis zum 31. Januar 1891 auf 6 Pf angehoben, um dann wieder auf 5 Pf gesenkt zu werden. Interessant ist auch das Widerspiegeln der Inflationszeit in den Telegrafengebühren.
Datum | Grundgebühr in Mark | Wortgebühr in Mark |
01.10.1919 | 0,00 | 0,10 |
01.10.1920 | 0,00 | 5,00 |
01.08.1923 | 1 600,00 | 800,00 |
01.10.1923 | 6 000 000,00 | 3 000 000,00 |
01.11.1923 | 12 000 000 000,00 | 6 000 000 000,00 |
05.11.1923 | 0,00 | 0,10 |
Die Arbeitsbedingungen waren in jenen Tagen auch bei der Post sehr hart und das Privatleben kam sehr oft zu kurz. So weiß ein pensionierter Postbeamter vom Anfang des letzten Jahrhunderts zu berichten, daß er als gelernter Spengler 1911 in den Postdienst eingestellt wurde, um Schäden an den Dächern von Häusern zu beseitigen, die durch Eindringen von Wasser und Rost an den Halterungen der dort befestigten Telegrafenständer verursacht wurde. Nach einer späteren kurzen Ausbildung im Fernmeldebaudienst kam er 1925 nach Rüsselsheim. Der Arbeitstag, der um 7 Uhr begann, endete um 18 Uhr. War die Tagesarbeit aber noch nicht erfüllt, wurde es sehr oft 20 Uhr.
Nach dem Wahlspruch des damaligen Postamtsleiters Kremmler, „Erst die Post, dann das Telefon“, mußte der Kollege erst die Post austragen, um dann erst die Schäden, die an „seinen“ Leitungen entlang der Bahnlinie entstanden waren, zu beseitigen. Mit der Zeit nahm die Arbeit für den Briefzusteller und Entstörer derart zu, daß er nur noch mit List auf seine Überlastung aufmerksam machen konnte.
An einem Morgen, die Batterieversorgung der Telegrafenanlage im Bereich Rüsselsheim zeigte Mängel an, die auf einen baldigen Ausfall und somit auf ein Erliegen des Telegrafendienstes schließen ließ, nahm der Beamte schnell seine Post und ging auf seine Tour. Damit er nicht gleich zur Störungsbeseitigung gefunden werden konnte, änderte er seine tägliche Route. Es kam, wie er es vorausgesehen hatte, der Postamtsleiter ließ ihn suchen und ausrichten, daß die Zustellung sofort abzubrechen sei und eine Störung der Telegrafenanlage beseitigt werden muß. Der Zusteller ließ sich aber nicht von seinem Zustellgang abhalten. Er marschierte weiter und ließ seinem Chef ausrichten, daß er nach dem bisher gültigen Wahlspruch, „Erst die Post, dann das Telefon“, handele. Somit war die Störung erst am späten Nachmittag beseitigt. Die eingegangenen Beschwerden führten dazu, daß der bisherige unhaltbare Zustand beseitigt wurde und von nun an Rüsselsheim einen besonderen Entstörer hatte.“
Nach den Abschweifungen in die frühere Telegrafie und das Leben eines Rüsselsheimers Entstörers nun wieder zurück zu den laufenden Ereignissen.
Durch eine weitere Entscheidung des Bundespostministeriums im Jahre 1975 wird der fernmeldemäßige Schwerpunkt Wiesbaden eine elektronische Datenvermittlungsstelle erhalten. Es sind zwei Einheiten mit je ca. 16000 Systemanschlüsse vorgesehen, die im neuen Anbau des Fernmeldedienstgebäudes im Carl-v.-Ibellweg aufgebaut werden. Beide Vermittlungsstellen werden Bestandteil eines „Integrierten Fernschreib- und Datennetzes“ sein. Wiesbaden wird für einen entsprechend großen Bereich zuständig sein. Die in Wiesbaden vorhandene Telex-Vermittlungsstelle wird mit der Inbetriebnahme der neuen Datenvermittlungsstelle (1986) aufgehoben. Anzumerken ist, daß das Fernmeldeamt Wiesbaden bei der Firma Opel am 5. August 1976 den 1000sten Telexanschluß im Amtsbereich in Betrieb nehmen konnte. Das Datennetz wartet mit hohen Zuwachsraten auf, sowohl an posteigenen Zusatzeinrichtungen für Daten als auch im öffentlichen Direktruf- und im öffentlichen Fernsprechnetz.
Die Versorgung der Fernsehteilnehmer mit dem 2. und 3. Programm über Fernsehumsetzer ist weit vorangeschritten und spielt in unserem Amtsbereich beding durch die topographischen Verhältnisse eine große Rolle. In den letzten Tagen 1976 konnte ein neuer Fernsehumsetzer zur Versorgung von Hohenstein im Aartal der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Damit sind inzwischen 30 Fernsehumsetzer in Betrieb und versorgen die Bevölkerung mit immer mehr Programmen der Fernsehanstalten in besserer Güte. Der Versorgungsgrad der Wohnbevölkerung unseres Amtsbereiches mit dem 2. Programm liegt bei 98 % und mit dem 3. Programm bei etwa 96 %. Daneben nimmt das Fernmeldeamt Wiesbaden wesentliche Aufgaben für das Zweite Deutsche Fernsehen war. In den Gebäuden der Sendezentrale „Unter den Eichen“ ist eine Funkübertragungsstelle des Fernmeldeamtes eingerichtet, in der sternförmig die von der Deutschen Bundespost betriebenen Zubringerleistungen zusammenlaufen. Bild- und Tonsignale werden hier an das Zweite Deutsche Fernsehen übergeben. Gleichermaßen übernimmt hier die Deutsche Bundespost das 2. Programm, das dann über das Fernseh-Verteilnetz den Fernseh-Grundnetzsendern zugeführt und von diesen und den Fernsehumsetzern ausgestrahlt wird.
UKW-Rheinfunk am Niederwald versorgt die Schiff-Fahrt auf dem Rhein mit Fernsprechverbindungen. Der öffentlich bewegliche Landfunk (öbL) verbindet die mit Fernsprechern ausgerüsteten Kraftfahrzeuge zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem öffentlichen Fernsprechnetz.
Ein modern organisierter Entstörungsdienst ist täglich bemüht, einen guten Kundendienst zu bieten. Selbstverständlich gilt dies auch für die Dienste, die der Kunde nicht kennt, da sie dem innerbetrieblichen Bereich angehören wie die Instandsetzungsdienste in den Vermittlungsstellen, Fernsprech- und Fernschreibübertragungssstellen, Funkübertragsstellen, in den Stromversorgungs- und den maschinentechnischen Anlagen.
1976 feiert Wiesbaden den 100. Geburtstag seines Fernmeldeamtes. Unter der Vielzahl für das Fernmeldeamt bedeutsamer Ereignisse soll noch erwähnt werden, daß es den Bemühungen des Fernmeldeamtes unter der Leitung von OPDir. Dipl.-Ing. Werner Hufnagel (Amtsvorsteher von 1968 bis 1973) gelang, eine für das Fernmeldewesen wichtige Dienstelle, die „Zentrale Rückvergrößerungsstelle und Datenaufbereitung“ in Wiesbaden anzusiedeln. Sie versendet täglich an Dienststellen und Ämter des Fernmeldewesens im ganzen Bundesgebiet ca. 8 bis 10000 technische Zeichnungen und kommt somit im Jahr auf 1,8 Millionen Reproduktionen von Unterlagen, die auf Mikrofilmen gespeichert sind.
Nach Aufbau des neuen Notrufsystems 73 konnte der damalige hessische Innenminister Hans-Heinz Bielefeld am 9. September 1975 in einem Fernsprechhäuschen in Taunusstein den ersten Notrufmelder Hessens für münzfreien Notruf in Betrieb nehmen.
Der Amtsbereich umfaßt die Ortsnetze Aarbergen, Bad Schwalbach, Bischofsheim, Eltville, Flörsheim, Hochheim, Idstein, Lorch, Mainz-Kastel, Niedernhausen, Oestrich-Winkel, Rüdesheim, Rüsselsheim, Schlangenbad, Taunusstein, Trebur, Wallau und Wiesbaden; die Amtsbereichsfläche beträgt 1086,66 qkm.
45 | Ortsvermitlungsstellen |
2 | Fernvermittlungsstellen |
8 | Telexvermittlungsstellen |
13 | Verstärkerstellen |
4 | Funkübertragungsstellen |
30 | Fernsehumsetzer |
4 570 | km Ortsanschlußkabel |
855 | km Fernverbindungskabel |
157 572 | Hauptanschlüsse |
242 971 | Sprechstellen |
1 075 | Telexanschlüsse |
191 | Datenübertragungseinrichtungen |
1 130 | Öffentliche Münzfernsprecher |
127 | öbL-Teilnehmer (Autotelefon) |
27,3 | Hauptanschlüsse pro 100 Einwohner |
62,5 | Hauptanschlüsse pro Haushalte |
2 279 904 | Fernsprechauskünfte |
40 646 869 | Ferngespräche |
90 303 355 | Ortsgespräche |
36 445 | Telegramme |
27 213 450 | Telexgebühreneinheiten |
10 170 000 DM | Betriebsausgaben ohne Personalkosten |
32 500 000 DM | Neuinvestitionen für Vermittlungs-, Übertragungs- und Linientechnik |
840 | Mitarbeiter, darunter 67 Ingenieure |
445 | Mitarbeiterinnen |
68 | Auszubildende |
Der Weg in das 20. Jahrhundert
Mit Hauswurfsendungen, Informationsveranstaltungen, Kabelmobil, Kabelshelter und Kabeltruck wird für BK geworben und Antennenbauer werden mit der neuen Versorgungstechnik von Rundfunk und Fernsehen über Erdkabel der Post in vielen Seminaren informiert. Die Bemühungen zeigen Früchte. Nach Kiedrich folgen 1983 Niedernhausen, 1988 Oestrich, Geisenheim und Idstein, 1989 Michelbach und Flörsheim sowie 1990 Ransel. Der Bk-Ausbau wird zum Selbstläufer.
Mitte der 80er Jahre hält die digitale Vermittlungstechnik im Fernmeldeamtsbereich Einzug. Sie hat einerseits weitaus geringeren Platzbedarf erfordert aber andererseits Platz für die notwendige Klimatechnik. Die Ortsvermittlungsstelle 8 in Wiesbaden ist die größte digitale Vermittlungsstelle Hessens, die am 24. Juni 1987 ohne Probleme von Analog auf Digital umgeschaltet und in Betrieb genommen wird. Zug um Zug folgen die anderen Vermittlungsstellen. Einher geht die Entwicklung multifunktionaler Endgeräte, mit denen nicht nur telefoniert werden kann, sondern weitere Dienste in Anspruch genommen werden können. Mit dem begonnenen Einsatz digitaler Vermittlungssysteme ist die Voraussetzung für das digitale dienstintegrierte Fernmeldenetz, mit der internationalen Abkürzung ISDN, geschaffen. Über das neue ISDN kann von 1988 an die Abwicklung aller bestehenden und künftigen schmalbandigen Text-, Sprach- und Datendienste zwischen den Teilnehmern erfolgen. Für die Nachfrage nach breitbandigen Individualkommunikationsdiensten, wie Videokonferenzen, Bildfernsprechen, schneller Text- und Datenaustausch steht ein Glasfaser-Netz zur Verfügung
War es bisher üblich, auf Kunden zu warten, so ändert sich jetzt das Verhalten der Deutschen Bundespost. Werbung und Verkauf ist angesagt. Mit Ausstellungen und Ständen auf Messen bieten die Fernmelder ihre Produkte an, in Seminaren erfolgen Produktinformationen und mit Telefonläden im Citybereich wird näher an die Kunden herangerückt.
1981 eröffnet das Fernmeldeamt in der Langgasse in Wiesbaden seinen ersten Telefonladen, der 1990 in den Michelsberg umzieht. Weitere Läden folgen 1991 in Wiesbaden-Biebrich und im Stadtkern von Rüsselsheim. Die Telefonläden werden fester Bestandteil der Verkaufsphilosophie. Weniger Glück ist dem Service-Laden der Fernsprechentstörungsstelle gegenüber der neuen Hauptpost (die kurz nach der Jahrtausendwende abgerissen wird), am Kaiser-Friedrich-Ring gelegen, beschert. Er wird Ende 1991 eröffnet und nach wenigen Jahren wieder geschlossen.
Das neue Fernmeldedienstgebäude
Angesichts dieser überzeugenden Ergebnisse fiel endlich bei der Oberpostdirektion Frankfurt und im Bundespostministerium die lang ersehnte Entscheidung zugunsten eines Neubaus. Nach Durchführung des Zustimmungs- und Genehmigungsverfahrens konnte am 12. Januar 1984 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Das neue Gebäude mit 12000 qm Gesamtnutzfläche dient der Verwaltung, der Kundenbetreuung und -beratung; unter anderem sind untergebracht die Anmeldestelle, die Fernmeldebuchstelle, die Fernsprechauskunft, die Fernsprechentstörungsstelle und begleitende Einrichtungen im Sozialbereich wir Kantine, Küche und Nebenräume. Die Hauptnutzfläche für Büro- und Verwaltungsräume beträgt rund 8000 qm, für fernmeldebetriebliche Räume 2000 qm. Für die Hochbaumaßnahmen sind 56,3 Mio. DM veranschlagt worden, wovon 43,5 Mio. DM auf das Verwaltungsgebäude, 5,5 Mio. DM auf die Tiefgarage und 1,5 Mio. DM auf die Außenanlage entfallen. Für die künstlerische Ausgestaltung wurden 700000 DM vorgesehen; Architekten- und Ingenieurleistungen betragen rund 5,8 Mio. DM. Die technischen Einrichtungen für die Fernsprechentstörungsstelle, Telefonauskunft und die hausinterne Nebenstellenanlage kosten 2,5 Mio. DM.
Das Gebäude wurde in konventioneller Bauweise in Stahlbeton und mit tragenden Mauerwerkswänden erstellt. Die Fundierung erfolgte wegen der ungünstigen Bodenverhältnisse mit einem durchgehenden Plattenfundament. Die Fassaden zeigen die tragende Konstruktion und die Nutzung des Gebäudes. Die Betonscheiben wurden mit hellem Werkstein verkleidet, die dazwischenliegenden Fenster- und Brüstungsbänder sind aus einer Leichtmetallkonstruktion mit Einbrennlackierung.
Herausragende Ereignisse waren die Grundsteinlegung am 16.08.84, das Richtfest am 27.05.86 und die Schlüsselübergabe am 21.05.1987.
Der Neubau war nicht nur dringend erforderlich, sondern ist auch der Bedeutung des Fernmeldeamtes Wiesbaden angemessen. Der Amtsbereich des Fernmeldeamtes Wiesbaden erstreckt sich über 1200 qkm, in denen (1986 ) 581632 Einwohner mit allen Fernmeldedienstleistungen zu versorgen sind. Eckpunkte diese Amtsbereiches sind die Städte Idstein, Bad Weilbach, Rüsselsheim und Lorch. In diesem Gebiet gibt es 18 Ortsnetze mit 46 Ortsvermittlungsstellen, an die 268457 Telefone angeschlossen sind. Mit einem Personalbestand von 1876 Kräften und einem Jahresumsatz von über 530 Millionen (davon allein 160 Millionen jährlicher Investitionssumme) zählt das Fernmeldeamt Wiesbaden zu den großen Betrieben der Landeshauptstadt.
Im neuen Gebäude des Fernmeldeamtes hat die Deutsche Bundespost mit einem Kostenaufwand von rund zwei MillionenDM das Projekt „ROLAND“ als europäisches Testlabor und Beratungszentrum für Protokolle der Informationstechnik eingerichtet. ROLAND steht für Realisierung offener Kommunikationssysteme auf der Grundlage anerkannter europäischer Normen und der Durchführung harmonisierter Testverfahren.
Die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationsgesellschaft erfodert offene Kommunikation in einem gemeinsamen europäischen Markt. Offene Kommunikation setzt aber Kompatibilität zwischen vergleichbaren Endgeräten unterschiedlicher Hersteller sowie den darin ablaufenden Anwendungsprogrammen voraus. Sie basiert auf der Schaffung und Einhaltung von technischen Normen. Sieben Gesellschaften aus sechs Ländern haben sich verpflichtet, sogenannte EUROLABs (Europäische Testlaboratorien) einzurichten. Das EUROLAB der DBP (TELEKOM) wurde am 09.03.1990 in Wiesbaden der Öffentlichkeit vorgestellt.
Verlust des Fernmeldemonopols
Für die Kundschaft macht sich der Wandel durch ein neues CI/CD (Corporate Identity/Corporate Design) bemerkbar. Formblätter, Druckwerke, Briefbögen, Arbeitskleidung des Außendienstes, Verpackungsmaterial, Gestaltung der Telefonläden und Fernmeldedienstgebäude und vieles mehr treten in einem neuen Logo in Erscheinung. Die Parole heißt weg vom Hoheitsunternehmen, hin zum dynamischen Unternehmen.
Spürbar fürs Personal wird der Wandel des Unternehmens 1994. Mit den Informationsveranstaltungen „Telekom Kontakt / Telekom AG“ wird die künftige Organisation des eigenen Hauses vorgestellt, in der es viele Stellen nicht mehr geben wird, aber auch neue zu finden sind. Manche Aufgaben werden eliminiert, andere sind ganz oder teilweise in der einen oder anderen neuen Stelle, jetzt Ressort genannt, zu finden. Vom Personal wird verlangt, daß es sich, wenn der Arbeitsplatz wegfällt, um einen neuen selbst bemüht. Das ist etwas völlig ungewohntes, hat sich der Dienstherr doch bis „gestern“ in solchen Fällen darum gekümmert. Bei der Suche nach einem evtl. Arbeitsplatz in der Neuorganisation ist noch zu bedenken, daß das Fernmeldeamt inzwischen Teil eines sogenannten Tripels ist. Tripel bedeutet, die Fernmeldeämter Wiesbaden, Mainz und Bad Kreuznach bilden eine Einheit. Wiesbaden ist für den Geschäftskundenbereich zuständig und hat Außenstellen in den Niederlassungen Mainz und Bad Kreuznach, die Privatkunden werden von Mainz mit Außenstellen in Wiesbaden und Bad Kreuznach betreut und in Bad Kreuznach sitzt die Geschäftsleitung für den technischen Bereich mit Außenstellen in Mainz und Wiesbaden.
Ab dem 1. Januar 1995 ist die Deutsche Telekom eine Aktiengesellschaft und firmiert als Deutsche Telekom AG, Bonn. Sie wird am ersten Arbeitstag des neuen Jahres im Bonner Register (Amtsgericht Bonn HRB 6794, Sitz der Gesellschaft Bonn) eingetragen. Aus diesem Grund finden am 16. Januar 1995 in allen Niederlassungen Mitarbeiterveranstaltungen statt, jeder erhält einen Brief des Vorstandes und ein Geschenk. Geboten wird an diesem Tag ein ausgesuchtes Büffet mit warmen und kalten Speisen, dazu Getränke, im Kantinenbereich des Niederlassungsgebäudes aufgebaut. Die Wiesbadener Festveranstaltung kostete übrigens 31034,- DM für rund 800 Anwesende.
Am Anfang des ersten Jahres in der AG beginnt die Zertifizierung der Niederlassung Wiesbaden. In fast 100 Seminaren werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Wettbewerb ihres Unternehmens im kommenden Konkurrenzkampf fit gemacht. Fast gleichzeitig sind ungeahnte Aktivitäten in der Personalverwaltung festzustellen, die sich über die nächsten Jahre hinziehen werden. In eine Aktiengesellschaft passen keine Beamte (seit dem 01.01.1995 werden keine mehr eingestellt) und das Unternehmen hat zuviel Personal, das es abzubauen gilt. Grund ist die sehr straffe Organisation und die Digitalisierung, die vor allen Dingen in der Technik viel Personal freistellt. Als Lockmittel dienen finanzielle Abfindungen, Vorruhestandsregelungen und Zurruhesetzungen.
In diesen bewegten Zeiten übernahm der Leiter des Fernmeldeamtes (der Niederlassung) Wiesbaden, Dipl.-Ing. Gerhard Schreyer, im Rahmen des Aufbaus Ost als kommissarischer Leiter ein Ostberliner Fernmeldeamt. Er schwirrt zwischen Ost und West hin und her, was letztlich zu viel wird. Er bekommt einen Herzinfarkt und stirbt am 7. April 1992, 53 Jahre alt. In seiner Abwesenheit übernahm Dipl.-Ing. Friedrich Hempel am 01.07.1991 die Leitung des Fernmeldeamtes und wird am 16. August 1992 im Kreise der Mitarbeiter als neuer Amtsvorsteher eingeführt. Das Amt hat er inne bis zum 31. Dezember 1995, sein Nachfolger ist ein Manager aus der freien Wirtschaft.